12 Argumente gegen den Rheintunnel
Gegen Basels Klimaziele
Der Rheintunnel ist ein überholtes Projekt aus dem letzten Jahrhundert, denn Autobahnen zementieren unseren Weg direkt in die Klimakrise. Der Strassenverkehr ist der dominierende Klimafaktor in der Schweiz und verursacht 40% der Treibhausgasemissionen. Mit dem Rheintunnel wird es unmöglich, die Klimaziele zu erreichen, die sich Basel und die Schweiz gesetzt haben.
Die vielgepriesene Elektromobilität, die ab 2039 durch den Tunnel rollen soll, ist für den Individualverkehr keine Lösung. Denn auch E-Autos brauchen unnötig viel Energie, Platz und Rohstoffe – und auch sie verursachen bei hoher Geschwindigkeit jede Menge Lärm.
Zusem setzt auch der Tunnelbau selbst enorme Emissionen frei, da Zement und Beton auf absehbare Zeit nicht klimaneutral hergestellt werden können.
Zerstörung der Dreirosenmatte
Der 10-jährige Bau des Rheintunnels würde die Schliessung der Dreirosenmatte erzwingen – einer der wenigen aktiven Grünflächen im dicht besiedelten Matthäus-Quartier. Basel-Stadt hat mit nur 13% Grünflächen bereits heute deutlich weniger Freiräume als andere Städte (Bern hat z.B. 40%). Zahlreiche Vereine und Einzelpersonen wären von diesem Verlust schwer getroffen – eine Situation, die im unteren Kleinbasel aufgrund mangelnder Freiräume und anhaltender rassistischer Angriffe der bürgerlichen Politik besonders prekär ist.
Zwei benachbarte Schulhäuser und ein Jugendtreff wären ganz besonders von Lärm, Abgasen und Staub betroffen – eine ganze Generation von Schulkindern würde darunter leiden.
Die versprochenen Ersatzflächen für die Dreirosenmatte sind völlig ungenügend. Wir brauchen zusätzliche Grünflächen, nicht weniger oder nur gleich viele. Diese fordern wir auch ohne den Verlust der Dreirosenmatte – und ohne den Bau der Autobahn!
Drohende Gentrifizierung
Der Bau der Nord- und Osttangente in den 1990er und 2000er Jahren hinterliess triste, gentrifizierte Plätze und Pärke entlang der Autobahn. Basel und Birsfelden leiden bis heute unter den Folgen dieser fehlgeleiteten Verkehrspolitik. Statt den ineffizienten Autoverkehr zu reduzieren und den öffentlichen Verkehr konsequent auszubauen, bedroht der Autoverkehr die Anwohner:innen, Velofahrer:innen und Fussgänger:innen durch Lärm, Abgase und Platzmangel.
Es ist absehbar, dass die Mieten steigen werden, sobald der Rheintunnel fertiggestellt ist. Die Menschen, die über Jahre mit Baustellenlärm und Mehrverkehr leben mussten, würden verdrängt, bevor sie von einem angeblich ruhigeren und autoärmeren Quartier profitieren könnten. Sofortige Massnahmen, den Autoverkehr ohne Verdrängung zu reduzieren und die Lärmemissionen zu mindern, werden von der Autolobby blockiert.
Der Rheintunnel setzt damit die fossile Zementpolitik der Nord- und Osttangente fort, anstatt die Quartiere aufzuwerten und den öffentlichen Verkehr zu fördern.
Klima-Ungerechtigkeit
Der Rheintunnel ist ein Paradebeispiel für massive Klima-Ungerechtigkeit. Auf lokaler wie globaler Ebene verstärkt er die Verdrängung und Ausbeutung von Menschen sowie den Raubbau an der Natur. Der zehnjährige Bau trifft vor allem das Matthäus-Quartier, wo viele (migrantische) Arbeiter:innen wohnen und ihre Freizeit verbringen. Und auch in Birsfelden soll über Jahre hinweg gebaut werden.
Global betrachtet trägt der Rheintunnel zur Erhöhung der Treibhausgasemissionen bei – etwa durch die klimaschädliche Produktion von Zement und Beton; indirekt fördert er aber auch den menschenrechtsverletzenden Raubbau von Rohstoffen wie Lithium für den Ausbau des Elektro-Individualverkehrs.
Hardwald unter Druck
Der trockene Hitzesommer 2018 hat dem Hardwald stark zugesetzt. Rund jeder fünfte Baum ist gestorben, und an mehreren Stellen sind grosse Lichtungen entstanden. Der Hardwald spielt eine wesentliche Rolle für die Trinkwasserversorgung Basels, sorgt für kühle Luft an heissen Sommertagen und bietet Raum für erholsame Spaziergänge.
Nachdem der Wald bereits mehrfach für Strasseninfrastruktur und den Ringschluss der Hafenbahn gerodet wurde, führt der Rheintunnel nun zur erneuten Dezimierung der Waldfläche. Insgesamt sollen 3,6 Hektar Wald abgeholzt werden – davon rund die Hälfte ohne lokalen Ersatz. Die Kompensation soll auf Parzelle 1562 bei Eptingen erfolgen. Bedenklich ist jedoch, dass dort heute bereits Bäume stehen. Ein buchhalterischer Trick sowie eine Umzonung, die auf einer weit zurückliegenden Fehlberechnungen des ASTRA basiert, machen dies möglich.
Familiengärten verschwinden
Mehr als 150 Familiengärten sollen für den Rheintunnel geopfert werden. Betroffen sind die Areale Rankhof in Basel, Hard I & II sowie Scheuerrain in Birsfelden und der Hardacker in Muttenz. Basel-Stadt ist verpflichtet, den betroffenen Pächter:innen Ersatzgärten anzubieten, was sich negativ auf die Wartelisten auswirken kann. Neue Familiengärten wird es jedoch keine geben. In Birsfelden und Muttenz wiederum ist anzunehmen, dass die Familiengärten ganz verschwinden, ohne dass es Ersatz für die Betroffenen gibt.
Klimaschäden heruntergespielt
Für die Kosten-Nutzen Analyse des Rheintunnels wurden verschiedene Indikatoren aggregiert und gewichtet. Der Nutzen des Tunnelbaus, etwa durch erhoffte Reisezeitgewinne, wird mit 32% bewertet – der Schaden der entstehenden Klimaschäden hingegen nur mit 4%. Die Grauen Emissionen, die beispielsweise durch die Herstellung von Beton oder den Transport des Aushubs entstehen, werden in der Berechnung gleich komplett ignoriert (genauso wie Lärm und sämtliche Verkehrseinschränkungen durch die Baustelle). Diese Fehldarstellung, vertuscht die wahren Kosten des Rheintunnels: einen gravierenden Raubbau an Klima und Biodiversität.
Kapazitätsversprechen ohne transparente Kosten
Der Rheintunnel macht nur dann Sinn, wenn weitere Ausbauschritte folgen. Das ASTRA plant dazu einen 8-Streifen-Ausbau der N02 (Hagnau – Augst – Rheinfelden), dessen Machbarkeit jedoch noch gar nicht abschliessend geprüft wurde. Daher ist unklar, ob diese Erweiterungen jemals realisiert werden. Klar ist hingegen: Ohne sie ist die Kapazitätssteigerung des Rheintunnel erst recht eine Fehlinvestition. Die Kosten des Zusatzausbaus wird vom Bund in seiner Kommunikation jedoch verschwiegen. In den stetig wachsenden Kosten des Rheintunnel sind sie nämlich nicht enthalten.
Mehr Strassen = mehr Stau
Empirische Studien zeigen eindeutig: Der Ausbau von Strassen und Autobahnen führt innerhalb kurzer Zeit zu einem Anstieg des Verkehrs – und damit wieder zu Stau. Ein Grund dafür ist etwa das höhere Nutzungsinteresse von Autofahrer:innen, welche beispielsweise längere Pendelwege auf sich nehmen. Dieses Phänomen hat sich weltweit in unzähligen Städten bestätigt. Auch der Rheintunnel würde den Verkehrsfluss nicht verbessern – im Gegenteil, er wird das Stauproblem langfristig verschärfen.
Ungenügend kalkuliert
Im Grossraum Basel sind zahlreiche Erweiterungen des öffentlichen Verkehrs in Planung, die dessen Kapazität und Attraktivität erheblich steigern werden. Dazu gehören etwa der Vierspurausbau der Bahntrasse zwischen Liestal und Basel, der Zweispurausbau auf der Strecke Badischer Bahnhof – Lörrach sowie diverse Kapazitätssteigerungen und Taktverdichtungen im Birs- und Laufental sowie auf der deutschen Hochrheinstrecke. In Basel selbst soll künftig die «Herzstück»-Route den SBB-Bahnhof unterirdisch mit dem Badischen Bahnhof verbinden – inklusive Haltestelle am Marktplatz.
Diese Projekte werden nicht nur die Erreichbarkeit Basels aus den Umlandgemeinden verbessern, sondern unmittelbar auch das Strassennetzes entlasten.
Im Auflagedossier zum Rheintunnel wird jedoch kein Bezug auf diese Mobilitätskonzepte genommen. Es bleibt daher unklar, ob der behauptete Mehrbedarf an Strassen zum Zeitpunkt der geplanten Tunneleröffnung überhaupt noch besteht.
Unfassbar teuer
Mit geschätzten 2,59 Milliarden Franken (die Tendenz ist steigend!) wird der Rheintunnel das teuerste Bauprojekt sein, das die Region Basel je gesehen hat. Zum Vergleich: Mit den enormen Summen, die für den Rheintunnel ausgegeben werden sollen, könnten alle Meschen in Basel und Birsfelden 17 Jahre lang gratis mit dem öffentlichen Verkehr fahren (U-Abo).
System Change not Climate Change!
Mit dem geplanten Autobahnausbau ignorieren die Schweizer Behörden systematisch das Pariser Klimaabkommen von 2015 sowie die eindeutigen Warnungen der Klimawissenschaft. Die Emissionen von Treibhausgasen müssen in allen Bereichen – insbesondere im Verkehr – massiv reduziert und bis 2030 auf netto Null gesenkt werden. Dies geht nur, wenn in den kommenden Jahren der motorisierte Individualverkehr systematisch heruntergefahren und Strassen und Autobahnen zurückgebaut werden.
Der Rheintunnel steht sinnbildlich für eine Politik, die fossile Infrastrukturen weiter ausbaut, anstatt den Klimaschutz ernsthaft zu verfolgen.
Wir vertreten hier an die Haltung des Klimastreiks: Wenn das bestehende System unsere Forderungen nicht umsetzen kann, so sind nicht die Forderungen falsch. Falsch ist das System, das fossile Energien und Produkte immer weiter ausbaut und durch eine imperiale Wirtschaft die Unterdrückung marginalisierter Gruppen und die Zerstörung unseres Planeten beschleunigt.
Erklärvideo zum Umbau der Dreirosenmatte, 2029-2040
Einschätzungen eines Stadtplaners
An der Informationsveranstaltung vom 3. September 2024 informierte der Stadtplaner Axel Schubert über die Dauerbaustelle Rheintunnel. In seinem Vortrag wurden die Problematiken und Herausforderungen, die eine solche gewaltige unterirdische Autobahn mit sich bringt, aufgezeigt.
Er beantwortete auch Fragen wie: Was bedeutet der Rheintunnel für die Umwelt und die Basler Klimaziele? Wie viel Geld soll motorisierter Individualverkehr uns kosten? Und: Löst der Rheintunnel die Problematik der Verkehrsstaus überhaupt?
Der Vortrag lässt sich im Video nachsehen. Auch die PowerPoint-Präsentation stellen wir hier allen Interessierten zur Verfügung.
Axel Schubert ist Stadtplaner und betreibt die Klimaseite «KlimaVerantwortungJetzt!».
Rheintunnel: Eine uralte Debatte
Der Rheintunnel führt den desaströsen Kurs der Nordtangente weiter. Die heutige Nordtangente entspringt einer ideologischen Idee der Autolobby aus den 1960er Jahren. 1986 wurde eine Abstimmung über die Nordtangente erzwungen. Nur knapp befürwortete damals die Basler Bevölkerung den Bau der 600 Millionen teuren Nordtangente. 2007 wurde die Nordtangente schliesslich für den Individualverkehr eröffnet.
Schon damals war klar, dass die Nordtangente ein Monsterprojekt werden wird – sie wurde als «das teuerste Stück Schweizer Strasse» bezeichnet und bekam den Übernamen «Mordtangente». Es war absehbar, dass die Nordtangente mehr Autoverkehr mit sich bringen würde.
Heute, rund 30 Jahre später, ist die Nordtangente bereits wieder verstopft. So ist das mit dem Verkehr – wer Strassen sät, erntet Autos.
«Jetzt wenden!»
Die Kampagne «Jetzt wenden!» setzte sich 2024 gegen den Bau des Rheintunnels ein. Wir informierten Anwohner:innen mit Veranstaltungen, Stammtischen und Haustürgesprächen und organisierten zahlreiche Aktionen gegen ein fossiles Verkehrssystem.
Am 24. November 2024 lehnte die Schweizer Stimmbevölkerung den Autobahnausbau – und damit auch den Basler Rheintunnel – mit 52.7% der Stimmen ab. Aufgrund dieses Erfolgs pausiert nun die Kampagne. Bei Bedarf reaktivieren wir «Jetzt wenden!» aber wieder, um fossile Verkehrsinfrastruktur zu bekämpfen. Bis dahin dient diese Webseite Interessierten als Archiv.
